Prädiktiv-reaktive Belegungsplanung verfahrenstechnischer Anlagen bei Chargenproduktion

BearbeiterRafael Fink
ForschungsschwerpunktAnlagenbelegungsplanung in der Prozessindustrie

 

Zusammenfassung

In diesem Promotionsvorhaben untersuchen wir die Belegungsplanung verfahrenstechnischer Mehrzweckanlagen bei diskontinuierlicher Prozessführung. Die Zielsetzung der Planung besteht darin, für die Produktion gegebener Bedarfsmengen einen Produktionsplan mit minimaler Zykluszeit zu bestimmen. Existierende Lösungsansätze aus der Literatur basieren meist auf der Formulierung großer gemischt-ganzzahliger linearer Programme, die mit Standard-Software gelöst werden. Aufgrund ihrer Komplexität können Probleme praxisrelevanter Größe mit diesen Ansätzen jedoch nicht in einer angemessenen Rechenzeit gelöst werden. Wir stellen daher ein heuristisches Lösungsverfahren vor, das auf der Dekomposition des Gesamtproblems in ein Mengen- und ein Ablaufplanungsproblem beruht.

Die meisten wissenschaftlichen Arbeiten zur Anlagenbelegungsplanung gehen zur Lösung des geschilderten Problems von einer statischen Neuaufwurfplanung und deterministischen Planungsdaten aus. In der Realität vollzieht sich der Produktionsablauf jedoch in einem dynamischen Umfeld, so dass bei der Umsetzung von Ablaufplänen häufig Ereignisse eintreten, die bei einer rein prädiktiven Planung nicht berücksichtigt wurden. Beispiele für solche Ereignisse sind der Ausfall von Betriebsmitteln, die Verlängerung von Prozesszeiten, Verluste bei den Ausbeuten oder das Eintreffen von Eilaufträgen.

Wir stellen daher ein zweistufiges Verfahren vor, bei dem wir zunächst einen auf deterministischen Planungsdaten beruhenden Ablaufplan entwerfen, der eine möglichst geringe Zykluszeit besitzt. Anschließend extrahieren wir aus dem resultierenden prädiktiven Ablaufplan Reihenfolge- und Materialfluss-Beziehungen zwischen den einzelnen Prozessschrittausführungen, auf deren Grundlage wir den Ablauf der Produktion steuern. Kommt es im Verlauf der Produktion zu Störungen, führen wir eine revidierende Planung durch, die entweder darauf abzielt, die Zykluszeit des neuen Plans zu minimieren oder einen neuen Plan zu entwerfen, der sich in seiner Struktur möglichst wenig von dem ursprünglichen Plan unterscheidet.

Zu den Aufgaben der Ablaufplanung zählt darüber hinaus auch die Integration neuer Kundenaufträge in den bestehenden, prädiktiven Ablaufplan. Unter der Annahme, dass die Zeitpunkte der Auftragseingänge nicht prognostizierbar sind, handelt es sich hierbei um ein Problem der Online-Planung, für dessen Lösung wir zwei vollständig reaktive Planungsverfahren präsentieren.

Zur Evaluierung der Leistungsfähigkeit der vorgestellten Methoden wurden für vier Fallstudien aus der Literatur Testrechnungen durchgeführt. Sowohl für die prädiktive als auch für die reaktive Planung konnten innerhalb kurzer Rechenzeiten sehr gute Lösungen berechnet werden.